Christian wuchs in den behüteten Verhältnissen der 1960er-Jahre auf. Seine kulturbeflissene Mutter bestand darauf, ihn von Anbeginn an zweisprachig zu erziehen. Und mehr noch: Er lernte es, sich in beiden Kulturen sicher zu bewegen, in der deutschen und der französischen. Schon als kleiner Junge blieb ihm nicht verborgen, dass seine Mutter eine besondere Anziehung auf Männer ausübte. Wegen ihrer ausgesprochenen Natürlichkeit hatte sie viele Verehrer. Sie war einfach zu schön, um übersehen zu werden. In der wenig besiedelten Einöde des Sauerlands war sie zudem ein besonders hell leuchtender Stern.
An seine erste Begegnung mit jener Materie, die Christians Leben für immer verändern sollte, erinnert er sich mit respektvoller Behutsamkeit: „Das Hochsauerland“, sagt er und flüstert dabei, „war für mich ein Ort voller Geheimnisse.“ Mit dem Vater unternahm er viele Wanderungen, durch das Rothaargebirge, rauf zum Kahlen Asten. Wegen Höhenlagen von über 800 Metern herrscht dort ein fast schon alpines Klima, und der staunende Christian begegnete erstmals dieser grandiosen Vegetationsvielfalt, für die das Sauerland überregionale Bedeutung hat.
Wie aus einem tiefen Reflex heraus und noch bevor er Lesen und Schreiben konnte, begann er, Blumenblüten zu sammeln. Zum Trocknen legte er sie in seine Märchenbücher, deren Inhalt ihn ohnehin nicht interessierte. Später legte er seine Sammlungen in Wasser- und Ölbäder, noch später notierte und skizzierte der „kleine Wissenschaftler“ alles, was ihm auffiel, in seinen Tagebüchern.
Dann starb seine Mutter. Die Leere war unbeschreiblich. Als er sie schließlich in der Friedhofskapelle aufgebahrt und leblos liegen sah, „blutleer und blass“, wie er heute sagt, übermannten ihn die Gefühle. Er wusste nicht anders als zu rennen. Und er rannte an einem Stück in die Natur, bis hoch ins Gebirge, jenes Umfeld, das ihm vertraut und inzwischen wie ein Zuhause war. Gezielt riss er Kräutergräser aus dem Boden, Blüten von Sträuchern, knapste Moosbewuchs von Steinvorsprüngen. Die Sammlung trug er schnellstmöglich ins heimische Labor, stampfte Pflanzen im Mörser und bereitete sie zu einer Tinktur für seine geliebte Mutter zu…
Es war ein weiter und nicht einfacher Weg, an dessen Ende Christian sich über ein erfolgreich abgeschlossenes Biologie- und Chemiestudium und der kurzzeitigen Anstellung als Botaniker schließlich in der Kosmetik wiederfand. Aus seiner anfänglichen Leidenschaft für die Biochemie entwickelte sich im Laufe der Jahre ein unstillbarer Wissendurst. Er war fasziniert von der „Lehre von chemischen Vorgängen in Lebewesen“, genauer: dem Stoffwechsel. Konkret wollte er dem Geheimnis auf die Schliche kommen, wie sich vermeintlich biologische Prozesse verzögern, wenn nicht sogar aufhalten ließen. „Wie bremst man die Alterung aus?“, war eine der Fragen, die Christian im Besonderen interessierte. Er hat seit einigen Jahren großartige Ergebnisse auf dem Gebiet der Erforschung der Wirkungsweise von Rezeptoren zur positiven Beeinflussung des menschlichen Stoffwechsels erreicht. Christian weiß darum, wie sich das biologische Altern verlangsamen lässt.
Kritiker werfen ihm unverhohlen vor, er habe den leblosen Ausdruck im Gesicht seiner hübschen Mutter im Augenblick ihres Todes nie wirklich verarbeitet. „Und wenn schon“, entgegnet Christian dann. „Große Männer brauchen große Herausforderungen. Meine ist es, das Aussehen schöner Frauen noch mehr zu betonen.“
Unzählige Frauen danken ihm seine Leidenschaft. Wann gehören Sie dazu?
© 2021 Christian Karl